Für Andreas Vojta steht am kommenden Sonntag bei den ÖLV-Staatsmeisterschaften, die erstmals seit 2019 im Rahmen des Linz Marathon ausgetragen werden, ein bedeutender Wettkampf auf dem Programm. Es ist die Bühne, auf der der Routinier sein Potenzial erstmals auch im Marathon auf die Straße bekommen möchte, um damit seinen Traum von den Olympischen Spielen am Leben zu erhalten. „Ich möchte versuchen, einen wichtigen, nächsten Schritt im Marathon zu setzen und meine Chance auf eine Teilnahme in Paris 2024 zu wahren“, so Vojta. Die Vorbereitung verlief nach Plan. Das Gefühl, immer besser mit der Disziplin Marathon zurecht zu kommen, sowie gelungene Trainingseinheiten halten seinen Optimismus aufrecht. Auch angesichts der hohen Temperaturen, die am Sonntag in Linz freilich erst Stunden nach Vojtas Zielankunft die sommerlichen Spitzen erreichen werden, aber dennoch ein Nachteil sein könnten. Aufgrund des außergewöhnlichen Frühlings habe er schon einige Trainingseinheiten in Wien bei über 20°C absolviert, der Körper hat sich also bereits etwas an die frühsommerlichen Bedingungen gewöhnt.
Mut zum Risiko für Olympia-Traum
Mit aktuellem Stand sind 68 der vorgesehenen 80 Startplätze für den Olympia-Marathon der Männer fix an die nationalen Verbände vergeben, wobei jeder ein Maximalkontingent von drei ausschöpfen kann. Ob bis zum Ende des Qualifikationszeitraums am 5. Mai alle 80 Plätze an Läufer mit Direktlimit gehen oder ob das Olympische Starterfeld über die Weltranglistenregelung aufgefüllt wird, entscheidet sich in den nächsten vier Wochen – also in der „High-Noon“-Phase des Marathonfrühlings.
Vojta hofft auch noch auf das zweite Szenario, denn für ein Unterbieten des Olympia-Limits von 2:08:10 Stunden, das fast zwei Minuten unter dem ÖLV-Rekord von Peter Herzog (Union Salzburg LA) liegt, ist nichts Geringeres als eine Ausnahmeleistung notwendig. „Olympia hat eine enorme Strahlkraft. Damit verbunden ist mein Traum, in Paris 2024 am Start zu sein. Ich weiß, dass ich dafür eine Spur Risiko eingehen und den Marathon forscher anlaufen muss, als das vielleicht nach rationaler Einschätzung vernünftig wäre“, gibt der Niederösterreicher die Marschroute vor. In Abstimmung mit dem ehemaligen ÖLV-Marathonrekordhalter und heutigen Rennleiter beim Linz Marathon, Günther Weidlinger, sowie Philipp Kopp, der das Elitefeld für den Linz Marathon zusammengestellt hat, bekommt Vojta drei Tempomacher an die Seite gestellt, die ihm mit einer Halbmarathon-Durchgangszeit zwischen 1:04 und 1:05 Stunden die Voraussetzungen für eine Top-Leistung bereiten sollen. Mit einem der kenianischen Tempomacher hat der 34-Jährige bei seinem wochenlangen Höhentrainingsaufenthalt im kenianischen Iten zu Jahresbeginn mehrfach trainiert.
Vojta hofft, dass ihm eine Marathonleistung im Bereich des österreichischen Rekordes (2:10:06) oder darunter, inklusive der Bonuspunkte für den nationalen Meistertitel, als Plan B noch eine Resthoffnung einer Olympia-Qualifikation über die Weltrangliste lässt, falls das Limit nicht fällt. Ein Szenario, das zum Auftakt intensiver Marathon-Wochen in Europa nicht abschätzbar ist. „Vielleicht ist das Timing dieses Mal optimal und ich erwische einen sehr guten Tag“, hofft Vojta, der bei einer persönlichen Bestleistung von 2:13:43 Stunden vom Frankfurt Marathon 2023 hält, wo er allerdings im Schlussdrittel sein Potenzial nicht abrufen konnte. Eine Zeit von unter 2:11:00 Stunden würde Vojta laut Regularien von European Athletics einen Fixstartplatz im Halbmarathon der Europameisterschaften Anfang Juni in Rom sichern, ein ebenfalls wichtiges Ziel in der Saisonplanung des Schützlings von Langzeittrainer Wilhelm Lilge.
Stadlmann bei Marathon-Debüt Medaillenkandidat
2022 lieferten sich Andreas Vojta und Dominik Stadlmann in Linz eines der spannendsten Duelle bei ÖLV-Staatsmeisterschaften in einer Laufdisziplin der letzten Jahre. Damals im Halbmarathon lief Stadlmann eine persönliche Bestleistung von 1:03:26 Stunden und musste sich erst im Zielspurt seinem Kontrahenten um drei Sekunden geschlagen geben. Dieses Mal scheinen die Kräfteverhältnisse klarer, der 28-Jährige sieht sich bei seinem Marathon-Debüt in der Außenseiterrolle. „Aber, wer weiß: Ein Marathon kann in der Schlussphase immer spannend werden.“
Der Wiener ist vor seinem ersten Marathon trotz der üblichen Fragezeichen, die bei einem Debüt über diese Distanz immer mitschwingen, optimistisch und will sich voll auf sein Tempo fokussieren. Er berichtet, dass ihm die Umstellung auf das Marathon-Training und die damit verbundene Anpassung der Trainingsumfänge körperlich und mental relativ schnell gelungen ist, auch anfängliche Probleme mit der Nahrungsaufnahme lösten sich schnell. So zog er mit seinem Trainerteam um Mario Mostböck und Nikolaus Franzmair eine gute Vorbereitung durch. „Im Jänner hab ich noch bis zu 210 Kilometer pro Woche abgespult, aber alles in lockeren Einheiten. Als die Trainings härter wurden und auch lange Läufe anstanden, ist der Umfang gesunken. Die spezifischen Einheiten für den Marathon waren alle gut und wir haben auch genug davon untergebracht“, erzählt der ehemalige Mittelstreckenläufer, der sich spätestens nach seinem starken Halbmarathon-Debüt im Herbst 2022 voll auf den Straßenlauf fokussiert hat. „Für mich ist der Linz Marathon der richtige Ort für mein Debüt. Ich kenne die Strecke vom Halbmarathon damals und die zweite Hälfte durch meine Teilnahme an der Staffel im Vorjahr“, so Stadlmann, der viele Trainingsläufe mit Vereinskollege Mario Bauernfeind, der in Linz einen Halbmarathon laufen wird, und auch einige in der Prater Hauptallee mit Vojta absolviert hat.
Potenzial für Überraschungen bei den Frauen
Ein offenes Rennen ohne klare Titelfavoritin verspricht die Entscheidung bei den Frauen. Die beste Vorleistung aller bisher Gemeldeten hat Carola Bendl-Tschiedel (LG Wien), die die beiden schnellsten Marathonläufe ihrer langen Laufbahn im vergangenen Herbst gelaufen ist. „Ich bin traditionell im Herbst immer etwas besser in Form als im Frühling, aber ich bin fit und fühle mich bereit“, sieht die 47-Jährige eine Chance auf ihren Premieren-Staatsmeistertitel im Marathon. Sie erwartet eine spannende Entscheidung: „Die Tagesverfassung wird eine wesentliche Rolle spielen. Außerdem sind einige starke Läuferinnen mit wenig Marathon-Erfahrung dabei. Da sind größere Leistungssprünge möglich“, so Bendl-Tschiedel.
Starkes und großes Marathonfeld bei Oberösterreichs wichtigster Laufveranstaltung
Der Startschuss für den Linz Donau Marathon, bei dem trotz der für die Jahreszeit unüblich hohen, prognostizierten Temperaturen die Streckenrekorde attackiert werden sollen, sowie für die weiteren Hauptbewerbe der Veranstaltung fällt am Sonntag um 9:30 Uhr auf der Vöest Autobahnbrücke. ORF Sport Plus überträgt ab 9:15 Uhr live. Das Zielareal befindet sich am Linzer Hauptplatz. Knapp 16.800 Anmeldungen sind bewerbsübergreifend bereits vor der Nachmeldemöglichkeit beim Veranstalter eingegangen, womit ein kräftiger Schritt im Vergleich zum Vorjahr gelingt.
Die bisherigen 1.244 Anmeldungen für die Marathon-Distanz bieten den ÖLV-Staatsmeisterschaften einen tollen Rahmen, außerdem ist der Linzer Marathonkurs für schnelle Zeiten geeignet. Die Strecke ist nach den Kriterien von AIMS und World Athletics vermessen und im Global Calendar des Leichtathletik-Weltverbandes eingetragen. Auch für die Staatsmeisterschaften im Marathon gibt es am Freitag und Samstag im Rahmen der Linzer Marathonmesse noch die Möglichkeit der Nachmeldung.
Text- und Bildquelle: Österreichischer Leichtathletik-Verband