Das Cup-Finale zwischen SKN St. Pölten und den BK Raiffeisen Duchess Klosterneuburg (Sonntag, 15:30 Uhr, live in ORF Sport+) ist für Gäste-Coach Franz Zderadicka auf dem Papier alles andere als ein Heimspiel. St. Pölten ist für den 60-Jährigen aber im Laufe seiner Trainer-Karriere zum ebenso vertrauten wie fruchtbaren Boden geworden.
Bereits zweimal hat er als Coach den Cup-Pokal in der Niederösterreichischen Landeshauptstadt in die Luft stemmen können. Einmal 1997 mit den Möllersdorfer Herren und 2021 mit seinem aktuellen Verein, den Duchess. An diesem Wochenende geht es für den Wiener also sozusagen um den „St. Pölten-Hattrick“.
Detail am Rande: Beim Triumpf vor 27 Jahren spielte bei den unterlegenen St. Pöltnern ein gewisser Sergej Orekhov. Am Sonntag wird ausgerechnet dessen Tochter, Ex-WNBA-Spielerin Inga Orekhova, Zderadicka & Co. das Leben schwer machen. „Ein witziger Zufall“, lacht Zderadicka im Gespräch mit basketballaustria.at.
Mit dem SKN St. Pölten wartet jedenfalls der bisher vielleicht härteste Brocken auf die Klosterneuburger-Seriensiegerinnen, die seit 2019 den Cup- und seit 2021 den Meistertitel fest in Händen halten.
Zderadicka nimmt sich gewohnt gelassen und besonnen der Herausforderung an und spricht im Interview über den Schlüssel zum Sieg, den Status Quo im heimischen Damen-Basketball und wie es ist, seine eigenen Töchter zu coachen.
Franz, für dich steht am Sonntag einmal mehr ein Cup-Finale auf dem Programm. Verspürst du nach all den Jahren noch so etwas wie Nervosität?
Franz Zderadicka: Nein, aber es steht außer Frage, dass es das bisher wichtigste Spiel des Jahres ist. Die Teilnahme am Alpe Adria Cup war mehr ein Experiment, das gut und wichtig für uns war. Aber Meisterschaft und Cup sind unsere Hauptziele. In diesen Bewerben wollen wir die Titel holen.
Du legst als Coach ein ruhiges, besonnenes Auftreten an den Tag. Auf „Ausraster“ oder laute Worte braucht man bei dir nicht zu warten. Ist das dein Erfolgsgeheimnis?
So wie ich als Basketball-Trainer bin, so bin ich auch als Mensch. Es würde ja keinen Sinn machen und wäre auch nicht authentisch, würde ich in der Halle plötzlich laut um mich schreien. Genauso, wie es taktisch mehrere Wege gibt, die zum Erfolg führen können, gilt das auch für die Persönlichkeit eines Trainers. Jeder hat seine eigene Art, es gibt im Spitzensport solche und solche Typen und wer gewinnt hat ohnehin recht. (lacht)
Die bisherigen Saisonduelle zwischen St. Pölten und Klosterneuburg verliefen höchst unterschiedlich, brachten jeweils klare Siege für das Heimteam. Wie sind die Ligaspiele aus deiner Sicht gelaufen?
Beim ersten Aufeinandertreffen im November (61:50; Anm.) stand uns Sarah Schicher noch zur Verfügung, die mittlerweile wieder in Australien ist und 13 Punkte sowie 22 Rebounds beigesteuert hat. Im zweiten Spiel (57:81; Anm.) haben wir dann praktisch ohne Center gespielt, zudem war es eines unserer schlechteren Spiele in dieser Saison.
Klingt, als würde der Schlüssel zum Sieg im Spitzenspiel unter den Körben bzw. auf den großen Positionen liegen?
Ganz sicher. Wer die Bretter dominiert, wird auch das Spiel gewinnen. Wer unter dem Korb unterlegen ist und immer jemanden zum Doppeln abzweigen muss, hat dann draußen an der Dreierlinie Nachteile, weniger zweite Chancen und auch weniger Ballbesitze. Speziell im zweiten Spiel waren wir unter dem Korb unterlegen, hatten 15 Rebounds weniger als die St. Pöltnerinnen.
Auch deshalb habt ihr versucht, auf dem Transfermarkt nachzubessern.
Wir haben lange nach einer Verstärkung gesucht und sind schlussendlich bei einer „alten Bekannten“ fündig geworden. Mit Yanet Arias aus Kolumbien kommt für die letzten Saisonmonate eine Spielerin, die in Österreich schon bei SVS Post gespielt hat. Sie wird unter den Körben für Präsenz sorgen.
Mit Pia, Anja und Lisa spielen auch deine drei Töchter für die Duchess. Wie ist es eigentlich, seine Kinder zu coachen?
Natürlich ist es eine zusätzliche Challenge, aber wir versuchen, es nicht zum Thema zu machen, verhalten uns in der Halle wie Trainer und Spielerinnen und nicht wie Vater und Töchter. Das gelingt uns seit vielen Jahren sehr gut. Und eigentlich ist es für mich als Vater schon praktisch, weil ich automatisch immer Zeit mit meinen Kindern verbringen kann.
Wie gut ist es für den österreichischen Damen-Basketball, dass es mit dem SKN nach vielen Jahren nun wieder einen gleichwertigen Gegner für die Duchess gibt?
Man darf auch UBI Graz nicht vergessen, die bis 2020 die Nummer eins waren. Da ist es erst in den vergangenen beiden Jahren, in denen wir innen und außen klar das beste Team waren, zu eindeutigeren Ergebnissen gekommen. UBI ist aktuell – unter anderem mit der Rückkehr von Simone Sill – wieder etwas stärker geworden. Gleichzeitig sind wir schwächer aufgestellt als früher. Einerseits weil uns mit Schicher und Lilla Horvath zwei Top-Spielerinnen nicht mehr zur Verfügung stehen, andererseits, weil wir Michaela Wildbacher an den SKN St. Pölten abgeben mussten. Grundsätzlich sehe ich es positiv, dass es mit St. Pölten nun ein drittes Top-Team gibt. Einziger Wermutstropfen ist, dass sie Top-Spielerinnen anderer Teams losgeeist haben und die Vereine somit geschwächt haben.
Was macht St. Pölten so stark?
Dass sie auf den ersten sieben Positionen im Vergleich zu allen anderen Teams sehr gut aufgestellt sind. Inga Orekhova ist als einzige österreichische WNBA-Spielerin und mit ihrer Auslandserfahrung auf dem Papier die beste Spielerin. Sie ist in dieser Saison von Monat zu Monat stärker geworden und ihre Topspielerin. Nina Krisper spielt ihre Rolle sehr effektiv, trifft über 60 Prozent ihrer Würfe. Dazu Bettina Kunz und Loulou Kenens auf den großen Positionen und Widlbacher und die Kolyandrova-Zwillinge im Backcourt. Das ist schon sehr große Qualität.
Braucht es vor dem Cup-Finale deinerseits motivierende Worte oder sind Pokal und Gegnerinnen Motivation genug?
Jede einzelne unserer Spielerinnen ist vor allem im Cup immer topmotiviert, weil du mit einer Niederlage ausgeschieden bist. Es zählt von der ersten Sekunde an jeder Ballbesitz. Wir bereiten uns seit zwei Wochen auf alle Details vor, wollen mit vollem Einsatz und voller Konzentration in jede Possession, sowohl vorne als auch hinten, gehen. Die Spielerinnen verfügen über sehr viel Final-Erfahrung und wir sind zuversichtlich, dass wir den Titel wieder nach Klosterneuburg holen werden.
Text- und Bildquelle: Österreichischer Basketballverband